Allgemeine Zeitung, Ausgabe vom 4.5.2019

Von Uwe Goerlich

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Jubelfest im „Wechselbad“
Coesfeld. „Mit dem ersten Schuss erster Bierkaiser von Flamschen zu werden“ ist der Traum von Dechant Hammans. Doch der geht an diesem wechselhaften Samstagnachmittag nicht in Erfüllung. Der Vogel bleibt standhaft bis zum 142. Schuss, den Rico Rensing abgibt. Thomas Borgert stockt der Atem. Der Vorsitzende wäre als nächster Schütze an der Reihe. Doch da knallt schon das kümmerliche Restholz auf den Grund und die königlichen Schützen strecken jubelnd die Arme in die Höhe, hieven Rico auf ihre Schultern. Unter ihnen ist ein Kaiser!

Nein, Kaiserwetter zum Kaiserschießen spendiert Petrus den Flamschenern wahrlich nicht. Sie trotzen dem Wechselbad der Witterung von dickem Hagel bis hin zu strahlendem Sonnenschein, aber vom Wechselbad der Gefühle keine Spur. Im Gegenteil, jetzt erst recht, scheinen sich die Jubelschützen und ihre Gäste zu sagen und erzeugen bei acht Grad Außentemperatur heiße Stimmung.
Auftakt zum Höhepunkt des Festwochenendes ist, begleitet von Hunderten Schaulustiger, das Treffen am Brauhaus Stephanus zum großen Festumzug. Ein paar Schlucke Jubiläumsbier helfen dem einen oder anderen, sich das Wetter schön zu trinken. Und mit fetzigem Tschingderassabum der 200 Musiker aus sieben Formationen marschieren die zahlreichen Abordnungen der befreundeten Vereine mit ihren Königshäusern durch die schön geschmückten Straßen zum Festplatz in Flamschen. Willkommen geheißen vom Vorsitzenden Thomas Borgert zieht sich der Ruf nach Solidarität und einem starken Europa durch die Festansprachen. „Schütze sein bedeutet zu schützen und sich für andere zu engagieren“, ruft Borgert den Gästen vor der beeindruckenden Ehrentribüne mit Königshäusern aus sieben Jahrzehnten zu. „Zivilcourage und die Integration anderer Kulturen“ nennt er als wichtige Aufgaben der Schützengemeinschaft, um den Startschuss zur „Freude mit Freunden“ zu geben.
Den rund 20 aufmarschierten Vereinen, Gruppen und Nachbarschaften, die bei Regenschauern ausharren, sind seine Dankesworte gewiss. Der gratulierende Bürgermeister Heinz Öhmann ruft ebenfalls zur „Zivilcourage für Europa“ auf und appelliert an die Festgäste, die demokratischen Kräfte durch den Wahlgang „zu schützen und zu stärken“. Es gehe um nicht weniger, „als unsere Heimat und Freiheit zu erhalten.“ Auch der Sprecher der Coesfelder Vereine, Theo Korth (Kalksbeck), nutzt neben der Gratulation (O-Ton: „Respekt und Anerkennung, was ihr auf die Beine gestellt habt“) die Gelegenheit zum Wahlaufruf. Die Gedenktafeln seien Mahnungen, die Schrecken der Kriege nicht zu vergessen. „Geht wählen und überlasst das Feld nicht den Populisten“, bekommt er Beifall.
Gratulationen des Bischofs und Landrats fügt Dechant Hammans seiner eigenen hinzu und erinnert daran, dass die Flamschener auch bei ihrer Feier vor 25 Jahren angesichts der himmlischen Wassermassen „baden gingen“. Der somit „wasserfesten“ Gemeinschaft wünschte er Glück und Gottes Segen.
„König oder Kaiser?“ (O-Ton Borgert) heißt es anschließend. Und als zur Einstimmung des Schießwettbewerbs die Musikgruppen – das Blasorchester Laer, die Jugendblaskapelle Coesfeld, die Musikkapelle Holtwick, der Musikzug Gescher, der Spielmannszug Blaue Husaren Coesfeld, der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Coesfeld und die Stadtkapelle Coesfeld – Preußens Gloria erklingen lassen, wird bei mittlerweile wieder Sonnenschein wohl jedem warm ums Herz.
Die Kaiserproklamation am Abend wird nach Wetter-App-Info in eine Regenpause geschoben und nach dem gebührenden Jubel der Schützen wird gefeiert was das Zeug hält, wozu die niederländische Topband „Les Miezerables“ und DJ Robbi bis in die frühen Morgenstunden kräftig einheizen.

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